Donnerstag, 26.6. – Freitag, 27.6.
Wiederum per Taxi, aber diesmal mit einem indischen Fahrer, gelangen wir zur CanaDream Vermietstation, wo wir unser Motorhome fassen. Der indische Herr kennt natürlich die Schweiz und insbesondere das Berner Oberland aus den Bollywood Filmen. Er ist äusserst nett und teilt uns mit, dass er selber zwar Taxifahrer ist, jedoch nie ein Motorhome fahren könnte – dazu sei er zu ungeduldig. Sekunden später erleben wir die Bestätigung dieser Aussage: noch wirkt er völlig friedfertig – bis sich ein anderes Auto erfrecht, so zu fahren, wie es seiner Meinung nach nicht sollte. Da mutiert der nette Inder in Sekundenbruchteilen zur Furie: Fenster runter, Kopf raus und verbale Vollattacke in india-english und in Stadionlautstärke („Motherfucker…“). Wir sitzen peinlich berührt auf den Rücksitzen und starren in unseren Schoss. Aber 5 Sekunden später sitzt glücklicherweise bereits wieder der nette freundliche Inder vor uns…
Bei CanaDream erhalten wir dann von mehreren deutschstämmigen Damen unser Zuhause für die nächsten 5 Wochen. So, und das ist nun mal was anderes als unser Toyota Landcruiser, welchen wir während unseren letzten beiden Australienreisen hatten. Hier drin hat es ein grosses Doppelbett, WC, Dusche, Esstisch… und Stauraum für Kleider, Reisetaschen und sonstigen Grümpel. Und die 2.5 Meter Breite und über 10 Meter Länge (32 Fuss) werden ja wohl auch irgendwie zu fahren sein, ohne überall fremde Fahrzeugecken, Flora und Fauna abzumurksen. Etwas ärgerlich ist, dass das Motorhome verschiedene Features wie z.B. eine Sonnenstore oder einen Festwasseranschluss aufweist, welche auf unserem Trip super praktisch wären, die wir aber nicht benutzen dürfen. „Die gehen zu viel kaputt und sind nur für den späteren Verkauf der Fahrzeuge dabei…“.
Unser Heim für die nächsten gut 5 Wochen (es war noch nicht ganz sauber)
Unsere erste „Teststrecke“ führt glücklicherweise nur alles geradeaus über einen Highway nach Tsawwassen zur Station der British Columbia Ferries, wo uns eine Fähre nach Swartz Bay auf Vancouver Island überführt. Die rund 90 minütige Überfahrt verläuft ruhig und gemütlich und bietet super Aussicht auf das Insel-Wirrwarr rund um Vancouver Island.
Überfahrt mit BC Ferries auf Vancouver Island
Auf der Insel steuern wir direkt unseren ersten Campground an, den Goldstream Provincial Park etwas nordwestlich von Victoria, der grössten Stadt auf Vancouver Island und Hauptstadt von British Columbia. Nein, die Hauptstadt von BC ist nicht Vancouver . Und Victoria ist eigentlich noch zusätzlich speziell, da dieser Zipfel von Vancouver Island südlich des 49. Breitengrades liegt, welcher ansonsten die Grenze zwischen Kanada und den U.S.A. bildet. Victoria ist also quasi bereits auf U.S.A. Breitengraden…
Auf dem Goldstream Provincial Park sind wir erst einmal angenehm überrascht, wie schön die einzelnen Camp Sites angelegt sind. Dies nicht nur hier, sondern generell in den Provincial Parks von British Columbia, welche alle ähnlich angelegt und ausgestattet sind. Der gesamte Park ist im hiesigen Regenwald angelegt und die einzelnen, grossen Sites (Stellplätze) sind in grosszügigem Abstand zueinander angeordnet.
Unsere Goldstream Provincial Park Camp Site
Und zum Stichwort Regenwald…: Dass es in Kanada riesige Wälder hat, war uns schon vor unserer Reise klar. Zumindest mir selbst war aber vor der Reise nicht bewusst, dass es sich hier in British Columbia im Westen von Kanada um Regenwälder handelt. Kein Vergleich zu unseren mitteleuropäischen Wäldern. Hier ist der Wald wild, grün verwachsen und teilweise undurchdringbar dicht. Das ist schon ein Erlebnis…
Am Freitag machen wir dann unsere erste Mikro-Wanderung durch den Goldstream Provincial Park. Die Frage ist, ob mein Rücken hält. Dieser plagt mich schon seit längerer Zeit und wurde die letzten paar Monate extra von einem Osteopathen gehätschelt, damit auf unserer Kanadareise alles wieder i.O. sein sollte. Leider hält er nicht… Bereits nach einer halben Stunde muss ich mich hinsetzen und am Abend dann auch Schmerztabletten einwerfen. Bäh, ich bin gerade ziemlich niedergeschlagen und hoffe, dass sich der Rücken durch die Mehrbewegung während unserer Reise echt verbessert. Wir machen unsere kleine Wanderung trotzdem fertig bis zu den Goldstream Falls zuhinterst im Tal und schiessen da auch die ersten „richtigen“ (nicht nur mit dem Handy) Fotos. Es ist schon alles ziemlich grün, hier…
Goldstream Falls und Touristin
Am Samstag müssen wir unsere schöne Camp Site leider verlassen und auf einem privaten Campground nächtigen, da der Goldstream Provincial Park ausgebucht ist. Also fahren wir etwa 10 Kilometer (so schaffen wir unsere geplante Gesamtroute von 3’000 bis 4’000 Kilometer wohl nie… ) den Island Highway hoch in Richtung Norden auf einen KOA Campground bei Malahat. Es ist jedoch schon nicht so, dass wir den ganzen Samstag brauchen, um die 10 Kilometer abzuspulen. Vielmehr verbringen wir den Samstag mit der Besichtigung von Victoria, welches immer noch nicht weiter als 15 km entfernt ist. Wir parken unsere 10m-Kiste quer über mehrere Parkfelder auf einem Parkplatz am Victoria Inner Harbor, lösen ein Parkticket für 2 Stunden und schlendern los. Da mein Ischias Nerv immer noch Ärger macht, wird es nur ein relativ kleiner Bummel durch die laut Reiseführer sehenswertesten Strassen rund ums BC Parlamentsgebäude und den Hafen. Sehr viele Blumen und Farben und wie schon in Vancouver schöne Parks und nette Leute. Gefällt uns auch gut, dieses Victoria…
Wir treffen es mitten ins Victoria Jazz Fest
Victoria Chinatown, die älteste von Kanada
Beim Hafen hat es einen kleinen Allerlei-Markt, im Hintergrund das Parlamentsgebäude
Bei unserer Rückkehr zum Camper haben wir tatsächlich eine Busse hinterm Scheibenwischer. Nicht etwa, weil wir vier Parkfelder belegten und nur eines bezahlten. Nein, sondern ganz simpel weil wir die Parkzeit überzogen haben. Wir bezahlen die Busse ein paar Tage später online mit Kreditkarte. Die sind fortschrittlich, die Kanadier… (ausser beim Kartenzeichnen)
Zum Abendessen mögen wir nicht auf unserer Camp Site grillieren (das werden wir zu Genüge auf schöneren Camp Sites tun), sondern besuchen das Restaurant „Ocean View“, welches gleich auf der anderen Seite des Island Highways liegt. Hinten auf der Terrasse des Restaurants sehen wir, woher es seinen Namen hat: wir haben einen super schönen Blick über den Saanich nlet und die Squally Reach. Zudem können wir Kolibris zusehen, welche in extra für sie aufgehängten Spezialtränken ihren langen Schnabel zum Trinken in eine Art künstliche Blüten stecken. Da wir im Restaurant auch noch einen TV entdeckt haben, fragen wir beim Verlassen den Beizer, ob wir morgen um 9 Uhr Ortszeit den Match schauen könnten. Wir können und verbinden das am Sonntagmorgen mit einem ausgiebigen amerikanischen Frühstück, bevor wir in Richtung Parksville losfahren.