Sonntag, 20.7. – Dienstag, 22.7.
Am Sonntagmorgen rasen wir direkt wieder zurück von West Calgary nach Banff. Es war zwar nur ein durch die vollen Campgrounds im Banff bedingter Übernachtungsabstecher, welchen wir nach Calgary gemacht haben, aber ich bin trotzdem froh, machten wir ihn. Es ist wirklich faszinierend, wie sich das Landschaftsbild nach dem Verlassen des Banff und der Rocky Mountains gegen Calgary hin verändert. In ganz British Columbia (zumindest dem Teil, welchen wir bisher kennenlernten) war es fast immer gebirgig und bewaldet. Hier in Alberta wird es nun topfeben und anstatt Wälder hat es Wiesen und Landwirtschaft. Unterwegs zurück von Calgary gegen Banff hat man dann immer in der Ferne die Rocky Mountains vor sich, die sich wie eine riesige Wand vor einem auftürmen.
Calgary – Banff: Im Hintergrund, da wo die Wolken sind, da beginnen auch die Rocky Mountains:
Banff ist der namensgebende Hauptort des Banff Nationalparks. Dieser ist mit seinen fast 130 Jahren der älteste Nationalpark Kanadas und mit über 6’600 km2 wohl auch der grösste. Zum Vergleich: der Kanton Bern hat eine Fläche von 5’960 km2. Wir machen im Ort zuerst einmal einen ausgedehnten Spaziergang. Offenbar sind wir uns aber beim Losgehen nicht ganz über den Umfang unseres Ausfluges einig. Marianna hat die Wanderschuhe an, ich nur die Turnschuhe. So kommt es, dass sich Marianna beim Spazieren durch die Haupt-Shopping- und Restaurant-Strasse von Banff etwas unpassend beschuht fühlt. Als wir dann unseren Spaziergang am Rande von Banff auf den Marsh Loop Walk ausdehnen und so eine Rundwanderung von schlussendlich etwa 3 Stunden entsteht, bin ich es, der sich etwas falsch beschuht vorkommt…
Auf dem Marsh Loop treffen wir Patricia, eine etwa 20 jährige Schweizerin, welche ganz alleine für 6 Monate in Kanada unterwegs ist. Sie ist zurzeit gerade etwas in Banff gestrandet, weil ihr gekauftes Occasions-Auto mit Kühler-Problemen den Geist aufgegeben hat. Sie muss nun den Montag abwarten, um die Kiste (hoffentlich) reparieren lassen zu können.
Banff, auf dem Marsh Loop Walk.
Hier hat es auch voll mit Holz ausgebauten Lehrpfade…
…und bei den einzelnen Pfosten des Zauns hat es immer solche kleinen Haufen mit Tannzapfen-Resten: ??!!???
Schaut man sich das vorangehende Bild noch einmal mit Adleraugen an, kann man einen der Verursacher dieser Haufen entdecken:
Squirrels benutzen die Pfosten als gemütliche Sitzbank und knabbern hier ihr gefundenes Fressen
Marianna tut auch noch etwas für den kulturell-historischen Gehalt unserer Reisegesellschaft und besucht das Buffalo Nations Luxton Museum, ein Museum über Kunst und Kultur der dortigen Native Americans („Indianer“). Mir sagt das wirklich etwas zu wenig und ich fötele stattdessen etwas in der Umgebung herum…
Abendessen gibt’s im Grizzly House, wo eine Kanadische und eine Schweizer Fahne hängen. Wir bestellen uns ein „Fondue Neuchâtel“. Ein echtes Fondue, laut Karte mit Emmentaler und Greyerzer. Etwas zähflüssig und wenig, aber fein .
Die weitere Fahrt von Banff nach Lake Louise wo wir unsere Camp Site reserviert haben, machen wir erst am frühen Abend. Jedoch nicht über den grossen Trans Canada Highway, sondern über die parallel dazu verlaufenden kleineren Bow Valley Parkway. Dies auf Empfehlung von Urs und Sophie in Whistler, welche auf dieser Strecke verschiedene Tiere gesehen haben.
Und wir werden nicht enttäuscht . Es ist eine wunderschöne Strecke und wir sehen zuerst 2 Hirsche oder Rehe und dann sogar noch den Ober-Chef-Hirsch im Pferdeformat. Sehr cool und eindrücklich! Etwas merkwürdig ist, dass ausgerechnet dieser grosse, majestätische Hirsch das bisher ängstlichste Tier ist, welches wir antreffen. Hat diesem Kerl niemand gesagt, dass er der Chef im Umzug ist??
Auf dem Bow Valley Parkway von Banff nach Lake Louise:
Spätabends auf dem Lake Louise Campground eingetroffen, nehmen wir dann noch zur Kenntnis, dass unser Stellplatz etwa 40 Meter neben der Bahnlinie ist. Das ist ja noch nicht wirklich ein Problem. Etwas lästiger als die Bahnlinie an sich ist die Tatsache, dass die vorbeifahrenden Züge immer auf Höhe des Campgrounds ihr ultralautes Horn mit einer Art Morsecode anwerfen. Offenbar folgt kurz nach dem Campground ein Bahnübergang und die Züge müssen diese Abfolge von Hornstössen loslassen – egal zu welcher Zeit… Und für alle, welche das noch nicht selber erlebt haben: diese Zugs-Horne sind wirklich extrem laut. Man hört die jeweils im ganzen Tal. Und in unmittelbarer Nähe… Erstaunlicherweise konnten wir dann aber doch irgendwie schlafen.
In der Nacht schlägt das Wetter wieder um und es setzt Regen ein. Und da Lake Louise zudem auf rund 1’500 müM liegt, wird es ziemlich garstig kalt. Also Decke hoch bis zum Kinn und Arme und Beine einfahren…
Beim Erwachen am Montag ist es wirklich sehr kalt und es regnet heftig. Wir versuchen, mit den paar Schlucken Internet die wir hier kriegen, ein paar weitere Campgrounds zu reservieren. Mit mässigem Erfolg… Nach dem Mittag wird das Wetter aber schon wieder besser und wir brechen vom Ort Lake Louise an den See Lake Louise auf. Mann… Alle Parkplätze sind bumsvoll und es wimmelt nur so von Leuten, mehrheitlich asiatischer Herkunft. Es ist in extremis sicht- und spürbar, dass der Lake Louise das meistfotografierte Sujet Kanadas ist.
Wir haben bereits im Vorfeld entschieden, dass wir eine Rundwanderung via Mirror Lake zum Lake Agnes und dann noch in das Tal hinter dem Lake Louise machen wollen. Doch, puh… selbst auf dem ersten Teil dieser Tour bis zum Lake Agnes nehmen die Leute nur wenig ab. Unglaublich, geht es doch hier wirklich ziemlich steil bergauf und die kürzest mögliche Lake Agnes-Tour dauert gegen 2 Stunden. Na ja, die Wanderung ist ja auch wirklich sehr schön. Uns zwei einfache Gemüter erfreuen neben den verschiedenen landschaftlichen Highlights vor allem die unzähligen frechen Squirrels und Chipmunks, die wir in Massen überall antreffen.
“Hallo, hast du etwas zu Fressen für mich…?”
Das Foto des Tages: Ein Chipmunk äfft einen Touristen nach…
Wir erweitern die Wanderung noch mit einem Umweg auf die Plain of 6 Glaciers, um dann auf dem Lake Louise Lakeshore Trail entlang des Sees zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Schlussendlich ergab sich so eine wunderschöne vierstündige Tour.
The Fairmont Chateau Lake Louise. Im Hintergrund gut erkennbar das Skigebiet von Lake Louise. Auf irgendeiner dieser Pisten findet jedes Jahr die Ski-Weltcup Damenabfahrt statt:
Nach der Wanderung besuchen wir auch noch den Ort Lake Louise selber. Aber der gibt eigentlich fast gar nichts her… Aber immerhin hat man im Ort guten Handy-Empfang. So entscheiden wir uns für ein Znacht in einem der beiden Restaurants, um da auch noch gerade die bisherigen Reiseberichte auf diesen Blog hochladen zu können. Aber einmal mehr funktioniert das wiederum nur mehr schlecht als recht. Grrrrr…
Unsere 2. Nacht auf dem Lake Louise Campground verbringen wir dann mit eingeschalteter Heizung und ich auch mit Ohrenpropfen. So schläft sich’s dann bestens . Am Dienstag wollen wir uns dann den Damenabfahrtshang auch noch etwas genauer anschauen gehen. Das Wetter ist mittlerweile wieder tiptop und so nehmen wir die Grizzly Express Sesselbahn (= Lake Louise Sight Seeing Lift) auf *den* Lake Louise Hoger, auf welchem die jährliche Damen Weltcup Abfahrt stattfindet.
Dort oben kann man aber im Moment eigentlich gar nicht so viel anstellen. Es sind einzig zwei Trails offen, welche uns jedoch nicht wirklich reizen, da es sich bei beiden um keine Rundwanderungen handelt. Zudem ist das ganze Gebiet von der Bergstation herunter ins Tal zurzeit wegen “Instandsetzung” und “Bärenaktivität” gesperrt. Also begnügen wir uns halt mit dem schönen Restaurant mit Aussichtsterrasse. Auch gut…
Nun sind wir auf der anderen Talseite und sehen den Lake Louise in der Ferne. Und natürlich sind sie auch hier, die kleinen pfeiffenden Chipmunks…
Freude herrscht…
Apropos “Bärenaktivität”. Das tönt ja eigentlich spannend . Marianna ist aufgrund dieser Info sofort wild entschlossen, auf der Fahrt runter einen Bären entdecken zu können. Und siehe da: ich bin gerade noch dabei ihr schonend beizubringen, dass wir wohl trotz Infotafel keinen Bären sehen werden, und da steht doch so ein Kerl mitten auf der Abfahrtspiste. Ein Grizzly sogar. Zwar mit einem Halsband und Ortungssender, aber trotzdem ein grosser, wilder Grizzly. Cool…
Grizzly auf der Abfahrtspiste von Lake Louise:
Nachdem wir nun die pulsierende Metropole Lake Louise Village kennen, entscheiden wir uns kurzerhand, für’s Nachtessen nochmal die 1A, den Bow Valley Parkway, nach Banff zu fahren. Sind ja nur 57 Kilometer – ein Weg… Diesmal sehen wir aber leider keine Tiere. Vielleicht sind wir zu früh unterwegs.
In Banff suchen wir uns ein Restaurant mit vernünftig gutem WiFi und ich verschiebe schlussendlich unseren Reisebericht auf WordPress – hierhin, wo du den Blog gerade liest. Endlich kann ich die ersten Beiträge veröffentlichen…
Am Abend auf dem Heimweg nach Lake Louise (unsere dritte Fahrt über den Bow Valley Parkway) sehen wir dann doch noch einmal einen jungen Schwarzbären, ganz alleine.
Da wir unsere Camp Site der Vortage nicht mehr bekommen konnten, übernachten wir nun auf einem Platz mit nur noch etwa 30 Meter Abstand zur Bahnlinie. Hier tönt die Bahntröte etwa so, wie ein Alphorn in einer Turnhalle… Aber irgendwie können wir sogar da schlafen .