Dienstag, 22. Mai bis Samstag, 26. Mai
Beim Verlassen der Manning Gorge tanken wir beim Mount Barnett Roadhouse nochmal voll, genehmigen uns einen 5 Dollar-Schluck Internet und schon sind wir wieder auf der Gibb River Hauptroute. Bis zur Abzweigung Richtung Mitchell Plateau, unserem nächsten Ziel, sind es 110 Kilometer. Dazwischen hat es 3 weitere Abzweigungen zu irgendwelchen Gorges oder Stations, von welchen wir die erste nach 30 km zur Barnett River Gorge für einen Zwischenhalt nehmen wollen. Nach etwa 40 km stellen wir dann aber ernüchtert fest, dass wir sie wohl tatsächlich verpasst haben. Ist halt schon wahnsinnig schwierig, bei so viel Abzweigungen und Strassengewirr… Zwei Blindelis auf Reisen :-). Die Abzweigung nach Kalumburu und dem Mitchell Plateau erwischen wir dank allerhöchster Konzentration auf Anhieb. Noch 60 km auf bereits etwas rauherer Piste und wir biegen auf die Drysdale River Station ein. Ursprünglich war das nur eine „kleine“ Rinderfarm mit einer Fläche von 4’000 qkm. Heute gibt es während der Trockensaison noch das Homestead Camp, einen riesigen Campground mit schönen sanitären Anlagen, Lodges, einem Restaurant, einer Tankstelle und einem kleinen Shop. Wir platzieren unsere Kiste unter einem schönen grossen Baum ganz weit hinten auf dem Camp und haben so unseren nächsten Nachbarn in etwa 70 m Distanz. So ist es recht… 🙂 (Später am Tag erfrecht sich zwar dann noch so ein Kerl, seine Karre in halber Distanz, also quasi unter unserem Vordach, zu platzieren.)
Am Nachmittag fahren wir zum „Miners Pool“. Der gehört zur Station und ist ganz in der Nähe. Das Australische „Pool“ scheint aber auch hier wieder einfach für „ein Gewässer in dem man baden kann“ zu stehen, denn eigentlich handelt es sich beim Miners Pool schlicht um eine Stelle am Drysdale River, wo man sein und baden kann. Hier ist auch noch einmal ein riesiger Busch Campground, der ebenfalls von der Drysdale River Station betrieben wird. „Busch“ Campground deshalb, weil es hier keine sanitären Anlagen gibt. Offenbar wollen auch alle anderen Camper etwas Komfort, denn der Platz ist leer – keine Menschenseele. Wir baden und faulenzen etwas herum und geniessen die Ruhe und Einsamkeit. Neben etlichen Vögeln erspäht Marianna sogar noch ein weghüpfendes Kängi.
Fürs Dinner nutzen wir das Restaurant für ein gemütliches Znacht ohne selber Kochen und planen dabei die Weiterfahrt zu den Mitchell Falls. Der anschliessende Verdauungsspaziergang ergibt sich automatisch, indem wir nur zu unserem Camper in der hintersten Ecke des Campgrounds zurück wandern… Dafür haben wir’s da dann bis auf das Zirpen der Grillen richtig schön ruhig zum Schlafen… bis kurz vor Sonnenaufgang. Ja haben wir uns denn in einer Volière einquartiert oder wie oder was..? Rund um uns zwitschert, pfeift, singt und… krächzt es, was das Zeug hält. Henne schön. Einmal probieren sogar zwei der weniger begnadeten Sänger zweistimmig im Chor zu krächzen und es tönt beinahe gut.
Die Prognose für die Fahrt von der Drysdale River Station zu den Mitchell Falls stellt gut 5 Stunden Fahrzeit in Aussicht, je nach Zustand der Strasse. Wir kommen aber sehr gut durch und brauchen bis zur Abzweigung von der Kulumburu Road 2 und dann noch 1¾ Std. Die Piste ist mehrheitlich äusserst holprig und rauh, aber unsere Macchina meistert alles bestens. Und wir treffen unterwegs sogar wieder einen Dingo. Hat es da wohl mehr, als vor 9 Jahren…?
Je weiter nördlich wir kommen, desto mehr ändert sich die Umgebung in einen tropischen Regenwald. Keine Ahnung, ob man das auch „Dschungel“ nennen kann, da die Bäume weder sehr hoch, noch sehr dicht sind. Aber jedenfalls ist es Regenwald und wir holpern über 100 km durch Palmen, durchsetzt mit verschiedenen anderen Bäumen, hohem Gras und Farnen. Auch hier wird gebietsweise abgebrannt. Einmal durchfahren wir unmittelbar eine aktive Brandzone. Das Feuer lodert direkt neben der Strasse vor sich hin und frisst sich vorwärts. Das Gras und kleine Büsche und Farne werden ratzeputz abgebrannt, der Boden ist dann schwarz verkohlt, die Palmen und anderen Bäume überleben die Brände jedoch und bekommen einzig schwarze Stämme verpasst. Sieht dann nicht sooo schön aus, aber wenn’s sein muss…
Der Campground im Mitchell Falls National Park ist sehr gut gefüllt. Das haben wir nicht erwartet, so abgelegen und schwer zugänglich, wie er ist. Aber selbst hierhin kommen diese unsäglichen geländetauglichen Reisebusse, welche wir auch bereits an allen anderen Orten angetroffen haben. Es sind dies organisierte Gruppenreisen mit allem Drum und Dran. Die machen einem das ganze Gibb River-Outback-Erlebnis schon etwas kaputt oder schmälern es zumindest. Wir nennen diese Gruppen fortan nur noch „die Unsäglichen“, das passt! Dafür hat es hier keine Britz- und Apollo-Camper mehr – die dürfen laut deren Mietbedingungen hier nicht hin :-).
Zur Erholung von der anstrengenden Rüttelfahrt machen wir am Nachmittag noch einen Badeausflug zu den nahegelegenen Little Mertens Falls. Das sind zwar wirklich nur kleine Wasserfälle, aber super schön mitten im Regenwald eingebettet und man kann oben und unten an den Fällen baden.
Nachdem wir uns am frühen Abend erneut Scotch Fillets zum Nachtessen gebrutzelt haben, stellen wir fest, dass es hier auf dem abgelegenen Mitchell Falls Campground sogar noch etwas krassere zu-Bett-geh-Gepflogenheiten zu geben scheint. Als wir um ca. halb acht (19:30!) um uns schauen, nehmen wir zur Kenntnis, dass wir die einzigen sind, die zu so später Stunde noch auf sind… 🙂
Donnerstag ist wieder ein Sandwich-Tag für uns, supi. Kein Fahren, alles eingerichtet lassen. Wir haben heute die Wanderung zu den Mitchell Falls vor. Der Infoflyer sagt uns: Je 2½ Std hin und zurück, Class 5, min. 4 Liter Wasser pro Person mitnehmen, nur für körperlich fitte Leute. Ui, tönt ja anspruchsvoll. Wird aber wohl einmal mehr nicht halb so wild sein. Trotzdem nehmen wir einmal je 3 Liter Wasser in unsere Ruckis und sogar auch eine kleine Zwischenverpflegung. Daneben das Badezeug, wie immer :-).
Die Wanderung führt gleich zu Beginn durch einen Bach, dann vorbei an den Little Merten Falls mehrheitlich durch den Regenwald bis zum ersten Teaser für die Mitchell Falls, den Big Merten Falls. Wir machen bereits einmal einen ausgedehnten Staun- und Foto-Halt.
Tarnung ist das halbe Leben:
Nach einer weiteren halben Stunde erreichen wir sie, die für den Nationalpark namensgebenden Mitchell Falls. Und die sind die mühevolle Anreise und Wanderung wirklich wert. Sie erstrecken sich über 4 Etagen, sind alles in allem 80 Meter hoch und führen auch ziemlich viel Wasser. Phantastisch! Der letzte Teil des Trails führt geradewegs durch den Mitchell River und endet schlussendlich auf einem kleinen Felsen in den Klippen, mit bester Sicht auf die Fälle. Ich knipse was das Zeug hält und sauge diese grandiose Kulisse in mich auf.
Am See oberhalb der Fälle machen wir dann wie immer eine längere Badepause, bevor wir den Rückweg angehen. Es sind übrigens etwa 1½ Std, die man für einen Weg braucht. Und mit 2-3 Liter Wasser pro Person kommt man gut durch. Da es heute über 30° warm war und wir beim Wandern tatsächlich richtig ins Schwitzen kamen, ziehen wir auch noch ein 2. Mal den Badeabstecher unter- und oberhalb der Little Mertens Falls rein.
Zurück im Camp brutzeln wir uns eine super feine gemischte Pfanne, geniessen sie gemütlich – und sind um 20 Uhr prompt wieder die aller-aller-allerletzten, die noch nicht am Schnarchen sind. Die spinnen, die Australien-Camper…
Tag 3 bei den Mitchell Falls, heute holpern wir zurück zur Drysdale River Station. Aber nicht sofort. Zuerst machen wir nämlich noch einen 48 minütigen Heli-Rundflug zur Küste und nochmal den Fällen. Den haben wir uns direkt bei der Ankunft hier gebucht. Es ist so, dass es hier draussen im Nirgendwo (wir sind rund 500 Schotterpisten-Kilometer von der nächsten „richtigen“ Ortschaft, Kununurra, entfernt) eine Heli-Basis mit 4 Helis hat. Diese 4 Dinger fliegen mehr oder weniger den ganzen Tag von und zu den Mitchell Falls und nerven eigentlich, ist die Basis doch unmittelbar neben dem Campground (ca. 100 m Luftlinie von unserem Camper). Man kann sich per Heli zu den Mitchell Falls fliegen lassen und zurück wandern, runter wandern und sich vom Heli zurück fliegen lassen, einen 18 minütigen Mitchell Falls Rundflug machen, oder eben den grossen „Coastal“ Rundflug, welchen wir gebucht haben. Und so nervig die Dinger am Boden auch sind, der Rundflug ist phantastisch. Wir haben das Glück, dass unser Heli nur mit 3 Passagieren gefüllt wird und so sitzen Marianna und ich in der hinteren Sitzreihe nur zu zweit je am „Fenster“. Fenster deshalb in Anführungszeichen, weil es gar keine hat. Die hinteren Türen der Helis sind nämlich komplett ausgehängt und entfernt, so dass man ungehinderte Aussicht hat. Man kann sogar lässig einen Fuss auf das Trittbrett draussen stellen, nimmt den jedoch schnell wieder rein, weil es einem das Hosenbein zu zerrupfen droht. Egal, der Flug ist grandios, wir sehen neben Landschaft, Küste, Meer und Schluchten sogar ein paar der riesigen Salzwasser-Krokodile im türkisfarbenen Meer. Die 48 Minuten vergehen wie im Flug… 😉
Zurück im Camp nehmen wir noch ein richtiges Zmorge, dann brechen wir auf, zurück über die 190 km 4WD-Track zur Drysdale River Station, wo wir erneut eine Nacht in der Volière verbringen. Schon wieder treffen wir unterwegs 2 Dingos.